Alte Kanzlei

Grüner Salon

Mit Tolstois «Luzern» begeben sich Buchwardt und Rusterholz auf die Suche nach Mitgefühl und Gerechtigkeit.
Erschütternd und nachvollziehbar – Alexandra Seefisch, Wilfried Aegerter und János Stefan Buchwardt ergründen Briefe zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch.
Den vielfach gebrochenen Ausdruck eines Kuno Raeber mit Stimme (János St. Buchwardt) und Klanginstrumenten (Veronika Ehrensperger) zur Geltung gebracht.
Das Paar des Abends: Azoulay und Buchwardt ver- und entführten das Publikum mit Wollust. (Foto: Erik Hasselberg)
Unter grollenden Klängen aus Peter Livers Kontrabass versetzt Buchwardt die Texte Poes in schaurig schöne Schwingungen.
Der Grüne Salon ehrt den Nationaldichter: v.l.n.r. Matthias Lincke (Geige), Gottfried Keller (Büste) und János Stefan Buchwardt (Stimme)
Monika Flieger und der Hausherr träumen Dostojewskis Traum eines lächerlichen Menschen.
Edmauro de Oliveira und János Stefan Buchwardt lassen das Publikum mit Shakespeares Sonetten und Dowlands Lautenkompositionen ins elisabethanische Zeitalter eintauchen.
Mit ihrem Gesang greift Gabriella Azoulay die Stimmung aus Tschechows Erzählungen auf. János Stefan Buchwardt liest dieselben.
Der Bratschist Ion Precup und der Erzähler János Stefan Buchwardt versenken sich in Robert Walsers detailverliebte Texte.
Schaurig bis skurril: Buchwardt fesselt das Publikum mit seiner Darbietung eigentümlicher Erzählungen.
Literaturgeschichte in der Alten Kanzlei: János St. Buchwardt und Michael Jaeger interpretieren «Bartleby, der Schreiber».

Rückblick |

Eine Meistererzählung: philosophisch-fantastisch

«Der Traum eines lächerlichen Menschen»

Fjodor M. Dostojewski

János Stefan Buchwardt, Sprecher
Monika Flieger, Chanteuse Accordéoniste

Samstag, 17. November 2018, 19.00 Uhr
Sonntag, 18. November 2018, 17.00 Uhr
Bahnhofstrasse 29, 8636 Wald/ZH

Dankenswerterweise unterstützt durch:
agkultur Wald

Fjodor M. Dostojewski zu Gast in der Alten Kanzlei

In ihrem Kern schlüsselt die Erzählung – erstmalig 1877 veröffentlicht – Dostojewskis religiöse Überzeugungen auf. Philosophisch schürfende Gedankengänge führen uns das Phänomen der gesamten Menschheitsentwicklung vor Augen. Über die Schilderung atemberaubender Visionen des Zusammenlebens kristallisiert sich eine mitreissende Erweckungsprosa heraus.
Konkret: Der Sankt Petersburger Ich-Erzähler verzweifelt am Zustand der Welt. Das Nachdenken über ein Mädchen, dem er in ihrer Not nicht beistand, macht ihn unschlüssig, sich das Leben zu nehmen. Schlaf überkommt ihn, im Traum erscheint ihm eine Welt, in der es keine Sünde gibt. Wird der Versuch zur Erneuerung des Menschen – auch im Goetheschen Sinne – gelingen?
Als ergreifendes Stück Zerrissenheit ist das psychologische Kabinettstückchen über einen verhinderten Selbstmörder schliesslich mehr als der Monolog eines geistig Verwirrten. Es ist ausgefeilte künstlerische Auseinandersetzung mit Fragen nach ethischer Verantwortung, nach Menschenbildern und religiösen Wertvorstellungen.

Auszug aus «Der Traum eines lächerlichen Menschen»

«Die Angst wuchs in meinem Herzen. Etwas Stummes, doch Peinigendes teilte sich mir von meinem stummen Gefährten mit und erfüllte mich ganz. Wir durchstreiften dunkle, unbekannte Weiten. Ich sah schon lange nicht mehr die dem Auge wohlbekannten Gestirne. Ich wusste, dass es im Himmelsraum Sterne gibt, deren Strahlen erst nach Tausenden und Millionen von Jahren die Erde erreichen. Möglicherweise hatten wir schon solche Fernen durchflogen. Ich erwartete irgendetwas, mit einer Sehnsucht, die mein Herz quälte. Plötzlich überkam mich ein bekanntes, in hohem Masse anheimelndes Gefühl: ich erblickte unsere Sonne. Ich wusste, dass es nicht unsere Sonne sein konnte, die unsere Erde geboren hatte, und dass wir von unserer Sonne unendlich fern waren. Aber ich erkannte aus irgendeinem Grunde, mit meinem ganzen Wesen erkannte ich, dass diese Sonne ganz die gleiche sei, wie unsere, ihr Ebenbild und ihr Doppelgänger. Ein süsses heimisches Gefühl voller Wonne erklang in meiner Seele: die heilige Kraft des Lichtes, desselben, das mich geboren hatte, widerhallte in meinem Herzen und erweckte es zu neuem Leben und ich fühlte das Leben, das frühere Leben, zum ersten Male nach meinem Tode.»

Monika Flieger und der Hausherr träumen Dostojewskis Traum eines lächerlichen Menschen.